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Stein und Mörtel bauen ein Haus, Geist und Liebe schmücken es aus

 

 

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Bild der neu erbauten Schule um 1900. Erkennbar   unsere Scheune an der Straße.

 

Flurplan von 1905. Unser Grundstück hat die Nummer 80.

 Gegenüber ist die Schule erkennbar mit der Nummer 202 und dazwischen ein Teich ( 204 ), den es schon lange nicht mehr gibt.

 

Und hier die älteste gefundene Flurkarte von Oberreichenbach Anno 1871.

 

Zentral an einem Südhang gelegen ist unser Hof hier mit der Nummer 17 zu sehen. Gegenüber der Teich. Ansonsten sind die anderen Bauernhöfe an Ihrer Gliederung erkennbar. 

Um  überhaupt zu verstehen, vor welch langer Zeit unser Hof gebaut wurde, möchte ich an dieser Stelle etwas aus unseren Nachforschungen veröffentlichen. Es betrifft unsere Heimatstadt Reichenbach und insbesondere Oberreichenbach. Die gefundenen Informationen sind sehr spärlich, da durch die damaligen Stadtbrände auch alle Unterlagen mit vernichtet worden sind.

Es fällt schwer sich das damalige Leben vorzustellen. Wasser gab´s nur aus dem Bach oder Brunnen. Eisenbahn, Autos und technische Hilfsmittel, wie Motoren, waren Utopie. Es war die Zeit von Pferd und Ochse, der Hungersnöte, der Pest, der vielen feudalen Kriege und die Zeit, als der Winter noch lebensbedrohlich war.

Da Feuer die einzige Möglichkeit war, um Licht und Wärme zu erhalten, sind viele Häuser und Höfe damals, früher oder später, ein Opfer der Flammen geworden.

Ich stehe hier in unserem derzeitigen Wohnzimmer ( ehemals Kuhstall ) vor 70 cm dicken und 300 Jahre alten Natursteinwänden und frage mich, was diese wohl alles über längst vergangene Generationen berichten könnten !

Anbei noch zu bemerken, dass Reichenbach´s ältestes Gebäude, die Angermühle, zum Abriss frei gegeben worden ist. Leider hat sich niemand gefunden, seine Kraft und Liebe in dieses geschichtsträchtige Haus zu investieren. 

 

 

Dieses Bild zeigt die Angermühle um 1923 und wurde mir freundlicherweise von Frau Anita Reinhold zur Verfügung gestellt. Die Freundin Ihrer Mutter heißt Martel Wandel und ist in der Angermühle geboren. Danke noch mal für das schöne Bild und Grüße an die ganze Familie.

Auch sehr schön zu sehen, wie alt und jung über Generationen hinweg zusammen in einem Haus lebten. Für Stadtmenschen heutzutage kaum noch vorstellbar.

 

 

Über die damalige Zeit

 

 

Von anderen unglücklich und betrübten Fällen, so sich in Reichenbach begeben :

 

Anno 1748, den 7 April, ist Maria Regina, Mstr. Johann Forbrigers, Bürgers und Seilers allhier, ehel. Töchterlein, nachdem es Abends vorher zu Bette gehen wollen, und von der Treppe herunter gestürzet, darauf sel. verstorben.

Anno 1750, den 10 Januarii, früh gegen 8 Uhr, ist Christian Rödel, Einwohner und Landfuhrmann in Oberreichenbach, in der Wegscheide allhier todt gefunden worden.

Anno 1751, den 2 Sept. Mittags gegen 1 Uhr ist Georg Reichard, Einwohner in Oberreichenbach, da er auf dem Felde geackert, daselbst todt gefunden worden.

Anno 1753, den 7 Febr. ist Andreas Jungnickel, Einwohner in Oberreichenbach, Nachmittags um 1 Uhr, von der Scheune gefallen, und den früh um 6 Uhr darauf verstorben.

Den 11 Juni Abends um 8 Uhr, ist Herr Johann Kaspar Raschke, gewesener Informator und Deconomus dehm hiesigen Waisenhauße, auf der hiesigen so genannten Hutleite, nachdem er vorher auf dem Alaunwerke ein wenig spazieren gegangen, auf dem Rückwege von einem Schlagfluße dergestalt getroffen worden, daß er gleich auf dem Platze seinen Geist aufgeben müßen.

Anno 1755 , den 1 Martii, früh um 6 Uhr, ist Elisabeth, Mstr. Caspar Rahmigs, Einwohners und Zimmermanns in Schnedenbach, hinterlassene Witwe von 70 Jahren auf dem Felde, ohngefähr 100 Schritte vor Ihrem Hause, erfroren.

( Quelle: " Reichenbächliche Chronika ",  Rechtschreibung original übernommen )

 

 

Der 7 - jährige Krieg 

 

Auszug aus " Reichenbachische Kriegs - Drangsalen von 1756 - 1763 " Johann Gottlieb Böhm

Es wurde zu erst ein Lager in den oberreichenbachlichen Feldern geschlagen, darauf die schönen Früchte bald ihre Reife erlanget. Nach ein paar Tagen wurde es des Nachts plötzlich aufgehoben, und auf der Hutleithe zu mehrerer Sicherheit aufgerichtet, da denn abermals ein großer Teil von Feldern ruinieret wurde. Ein Scharmützel bei Zwickau soll das meiste zur Veränderung des Lagers beigetragen haben. Die hiesige Stadt kam dabei in grosse Furcht, indem man bei der Reichsarmee revoltieret, wenn die Preußen sollten weiter avanciren, die hiesigen Scheunen anzuzünden, darinnen ein starkes Magazin vorhanden.

Von dem Dorfe Oberreichenbach ist hier anzumerken, das dasselbige in diesem Kriege von Zeit zu Zeit ein sehr hartes Schicksal ausgestanden. Der Schaden wurde nur allein für diesmal auf 2000 Thlr. gerichtlich taxiret. Die folgenden Jahre ist es nicht besser gegangen, die Einwohner haben immer einen großen Teil von Früchten verloren.  Durch den Winter sind die schwersten Einquartierungen erfolget. Wenn andere Dörfer verschont geblieben : so hat denoch immer Oberreichenbach müßen herhalten, darben doch den Einwohnern, den allem Verluste auf den Feldern, niemals die geringste Verschonung bei Lieferungen und Contributionen wiederfahren. Bei allen diesen Betrübten Umständen hat sich denoch ein jeder bei seinem Hause erhalten, woraus die gütige Hand Gottes deutlich genug zu spüren, obgleich solches von den wenigsten mag erkannt werden.

Den 6ten Augusti geschah wieder eine Veränderung, einige 100 formierten ein neues Lager auf dem Vogel, wo abermals das schönste Korn ruinieret wurde. Den 8ten Augusti geschah der Aufbruch nach Zwickau.

Anno 1760 den 11ten Junii kamen 6 Regimenter von der Reichsarmee hier an, sie schlugen ein Lager auf in der Galgengemeinde. Oberreichenbach mußte darben abermals einen großen Ruin an Früchten leiden. Den 15 ejusd. geschah der Aufbruch, nachdem von Lengenfeld her, mehrere Regimenter darzu gekommen.

Das wichtigste und größte Lager ist Anno 1761 den 18ten Juni hier aufgeschlagen worden, wovon man in dem vorigen Capitel schon Nachricht ertheilet. Es dauerte 4 Wochen, der Aufbruch geschah nach Weyda und Ronneburg.

Es ist noch anzumerken, das einige Executiones geschehen. Einige derer unschuldig wurden erschossen, gehenkt oder anders zu Tode geführet. Einer bekam auf dem Gerichte Pardon, der andere aber, ob er schon vorher catholisch  worden, wurde gehenkt.

 

 

Mutmaßungen über das Alter des Hofes

 

Bei Säuberungsarbeiten über dem Natursteingewölbe unseres Schlafzimmers ( unter der alten Diele, die entfernt wurde ) fanden meine Eltern alte Silbermünzen. Sie stammen aus dem Jahre 1753 und 1758. Das ist also das Mindestdatum, an dem unser Hof schon stand.

Im Jahre 1833 wütete in Reichenbach ein großer Stadtbrand, der die gesamte Innenstadt zum Großteil vernichtete. Dieser griff auch auf das benachbarte Dorf Oberreichenbach über und verzehrte laut Aufzeichnung " 20 derer schönsten Höfe mit Korn gefüllten Speicher " .

Dies würde den um 1850 üblichen Aufbau des Fachwerkes im Obergeschoss erklären. Das ganze Dach war verbaut, zum Beispiel hatten wir unterschiedliche Dachschrägen. Die Ostseite des Fachwerkes enthält Balken unterschiedlicher Stärke, wie als wenn in Notzeiten mit gebrauchten Balken das Fachwerk teilweise neu errichtet wurde.

In einer Zwischendecke haben wir einen angekohlten Balkenrest und rötlich verfärbten Schiefergestein, wie ausgeglüht, gefunden. Wir stehen noch vor so mancher baulichen Unstimmigkeit, die uns Rätsel aufgibt.

Wahrscheinlich ist also vieleicht das Dachgeschoss um 1833 durch einen Brand ganz oder teilweise abgebrannt und wurde später wieder aufgebaut. Unsere große Scheune hat eine seitliche Schiefereinblendung mit dem Jahr 1854 eingetragen. Also ist vielleicht auch die Scheune abgebrannt und wurde einige Jahre später wieder neu errichtet.

In der Scheune haben wir in 1,5 m Tiefe bei der Wasser/ Abwasserverlegung alte Natursteingrundmauern gefunden. Ob diese von der alten Scheune oder sehr viel früheren Ursprunges sind, ist ungeklärt.

Nach dem Münzfund waren wir auf der hiesigen jährlichen Münzbörse. Dort erklärte man uns folgendes: Die Münzen stammen, ihrem Alter entsprechend, aus den Zeiten des 7 jährigen Krieges. Es war sozusagen minderwertiges Kriegsgeld mit geringem Silberanteil, dafür mit Kupferanteilen ( wie auch auf dem Bild oben etwas grünlich ersichtlich ). Es verfiel bei einer Währungsreform nach dem Krieg. Auf keinen Fall waren sie der Glücksbringer, der bei der Errichtung von Gebäuden damals hinterlegt wurde ( den Goldtaler suchen wir heute noch, haben aber wirklich noch nix gefunden - suchen aber weiter !!! ). 

Geschichtlich gesehen liegt Reichenbach an einer günstigen Verkehrslage, und litt an der selben, denn bei jedem Kriege nahmen die Heere den Weg über Reichenbach. Hier und in den umliegenden Dörfern, vor allem Oberreichenbach, erfolgten die größten Einquartierungen. In manchen Häusern lagen 30 - 40 Mann und es war eine grosse Not an Lebensmitteln. 

So ist also anzunehmen, das unsere gefundenen Münzen im 7 - jährigen Krieg unter der Diele versteckt worden waren - wegen der Einquartierung oder dem Durchzug von Soldaten. Nach dem Krieg verloren sie Ihren Wert, oder Diejenigen, die sie versteckt hatten, lebten nicht mehr !

Da sicherlich im Krieg keine so großen Höfe gebaut wurden, schätzen wir somit das Erbauungsjahr zwischen 1700 bis 1750. Somit wäre dieser geschichtsträchtige Hof eines der ältesten Gebäude von Reichenbach - wenn man davon absieht, das vor 300 Jahren Reichenbach und Oberreichenbach noch nicht eine Stadt waren.

Nach so vielen Schätzungen wollten wir es im Januar 2005 genauer wissen. Also zogen wir das Internet zu Rate und fanden irgendwann einen Ansatzpunkt. Die Universität Hohenheim, Institut für Botanik, bot die Dendrochronologische Altersuntersuchung von Hölzern an. Wir schickten Holzproben des Fachwerkes des Obergeschosses und eine Holzprobe vom Fundort der Münzen ein. Ich glaube, das eine derartige privat beauftragte Untersuchung sehr selten ist. Nach viel Schriftverkehr, ständigem nachhaken und nicht locker lassen hielten wir endlich nach 15 Monaten die Ergebnisse in der Hand ( die natürlich ihr Geld gekostet haben ).

Die Proben aus dem Obergeschoss werden eindeutig datiert ins Jahr 1840 AD (Winterfällung), 1840 AD (Sommerfällung) und 1841 AD (Winterfällung). Die Hölzer wurden also im Lauf der Jahre 1840 - 1842 geschlagen. Die Bauzeit des Obergeschosses dürfte entsprechend des jüngsten Jahrringes im Jahr 1842 gewesen sein. Damit bestätigt sich unsere Schätzung des Alters des Fachwerkes im Obergeschoss.

Die Datierung von Probe 2 über dem Natursteingewölbe gestaltete sich schwierig (Kiefer mit nur 63 Jahresringen). Das Jahrringmuster bei Kiefern aus den Mittelgebirgen ist oft nicht eindeutig, da in diesen Regionen bzw. Höhenlagen weder der Niederschlag noch die Temperaturen das Wachstum der Bäume eindeutig begrenzen. Daher ist die Ähnlichkeit der Jahrringe zwischen verschiedenen Bäumen zu den überregionalen Vergleichskurven oft nur sehr gering. Der manuelle Vergleich der Jahrringkurve mit den verschiedenen Chronologien ergab eine gute Synchronlage mit der Kiefernchronologie der Lausitz und der Tannenchronologie aus Thüringen und lässt eine Datierung ins Jahr 1707 AD (Winterfällung) zu, auch wenn sich dieses Ergebnis statistisch nicht absichern lässt. Dieses Ergebnis deckt sich mit unseren bisherigen Nachforschungen, die ein Erbauungsjahr von 1700 bis 1750 angenommen haben.

Da das eingeschickte Holz also im Winter 1707 geschlagen wurde, nehmen wir für uns, als Erbauungsjahr unseres Hofes das Jahr 1708 an.

 

 

Der derzeitige Burgverwalter der Burg Mylau hat uns freundlicherweise Einsicht in die ältesten erhaltenen Bücher gewährt. Diese werden hier teilweise zitiert und deshalb Dank von hier aus.

 

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